Liebe Alle,
Hoffentlich habt ihr den Juli gut überstanden. Es war ein Monat der Extreme, in dem (wieder einmal) ein Wetterrekord nach dem anderen gebrochen wurde. Mit großer Besorgnis haben wir all das beobachtet. Und natürlich auch die Berichterstattung darüber.
Für das Netzwerk ist es auch eine aufregende Zeit. Ihr habt es vielleicht schon mitbekommen: Wir haben da etwas gewonnen (siehe unten). Zudem startet bald das 5vor12 Klima-Briefing.
Wir freuen uns sehr, dass unsere Arbeit so wertgeschätzt wird. Viele Journos haben sich in den letzten Wochen für unseren Newsletter und die Klima-Briefings angemeldet. Das hat uns dazu veranlasst nachzudenken, wie es im Netzwerk weitergehen soll, wie wir das bestmögliche aus unserer Community herausholen – und wie wir euch in eurer Klimaberichterstattung besser unterstützen und gemeinsam strukturelle Veränderungen anstoßen können. Was dabei alles herausgekommen ist, erfährt ihr im September-Newsletter.
Falls ihr Anregungen habt, schreibt uns gerne an netzwerk@klimajournalismus.at oder auf Social Media.
K3-Preis für Klimakommunikation und 5vor12 Klima-Briefing
Zum dritten Mal wurde heuer der K3-Preis für Klimakommunikation verliehen. 150 Einreichungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gab es für die insgesamt drei Kategorien. Wir freuen uns sehr, dass wir mit unseren Aktivitäten in der Kategorie “Klimajournalismus” überzeugen konnten. Katharina Kropshofer und Verena Mischitz nahmen den Preis in Frankfurt entgegen.
Ende August startet übrigens das 5vor12 Klima-Briefing, moderiert von Lukas Bayer sowie Theresa Leisgang vom Netzwerk Klimajournalismus Deutschland. Bisher haben wir schon über 280 Anmeldungen. Wenn ihr euch noch nicht angemeldet habt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt (finden wir). Wenn ihr schon angemeldet seid, leitet den Anmeldelink gerne an Kolleg:innen weiter.
TOP
- ORF.at berichtet intensiv über Juli-Hitze
Immer öfter erklären Medien den Zusammenhang von Hitzewellen und Klimakrise. Und immer seltener werden als Titelbild Badebilder oder Frauen in Bikinis verwendet, die die Gefahr verharmlosen könnten. In den letzten Wochen hat insbesondere ORF.at umfassend über die Hitzegefahr weltweit berichtet. Einige Beispiele: “Was Hitze mit dem Körper macht”, “Hitze dürfte Tourismus verändern”, “2022: 60.000 Todesfälle durch Hitze in Europa” oder “Tipps gegen die ärgste Hitze”.
Außerdem wird in einer Infobox erklärt, wie Extremwetter mit dem Klimawandel zusammenhängen. Solche Textbausteine helfen gegen den Zeitdruck im hektischen Redaktionsalltag, ersetzen aber keine tiefgreifende konstruktive Berichterstattung, die aufgrund der unterschätzen Hitzegefahr nötig ist.
- ATV-Wetterbericht mit Humor und Klima-Grafiken
Positiv aufgefallen ist uns auch der ATV-Wetterbericht. Mit Enthusiasmus und Humor erklärt Meteorologe Manuel Keleman regelmäßig Grafiken, etwa zur Eisschmelze oder Dürren, und wie dies mit dem Klimawandel zusammenhängt. Im Klimamagazin Gradwanderung taucht Keleman zudem tiefer in die Welt des Klimawandels und all seinen Facetten ein – “stets mit Augenzwinkern, aber immer mit der dringlichen Botschaft zum Handeln”. Wir finden, etwas Humor tut uns bei den derzeitigen, durch El Niño weiter angeheizten Extremwettern allen gut.
FLOP
- Presse-Leitartikel schießt übers Ziel hinaus
Am 18. Juli titelt Josef Urschitz mit “Zu viel Panik auf der Klima-Titanic” in seinem Leitartikel in der Tageszeitung Die Presse. Daten und Berichterstattung zu den Hitzewellen der vergangenen Wochen seien manipulierend, um “ein bestimmtes Narrativ” zu bedienen, kritisiert er.
Er bezieht sich vor allem auf vermeintlich falsche Daten der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Tatsächlich hatte es in den Tagen zuvor Verwirrung über Temperaturprognosen von bis zu 48 Grad Celsius in Sizilien gegeben – das wurde aber rasch aufgeklärt. Nachzulesen etwa bei t-online am 16. Juli, also zwei Tage bevor dieser Leitartikel erschien.
Dass hier etwas nicht ganz stimmen konnte, fiel dann auch Der Presse auf. Diese berichtigte den Leitartikel im Nachhinein. Dass es auch anders gehen kann, zeigt Teresa Wirth mit ihrem Presse-Leitartikel ”Nicht alle Katastrophen sind Folge des Klimawandels”, der einige Tage später erschien.
Und sonst so? – Aktuelle Fakten, Events und Initiativen
TERMINE:
- Am 10. August (18.00 Uhr) veranstaltet Covering Climate Now ein Webinar zur Bebilderung der Klimakrise.
- Ab 16. August (online) findet die Climate Summer School der FM-Online Factory statt. Charleen Florijn vom Instagram-Kanal @klima.neutral führt durch die Einheiten, in denen es unter anderem um konstruktive Berichterstattung, Klima im Lokalen und Chat GPT geht. Zudem ist Lukas Bayer im Webtalk zu Gast. Teilnahmepauschale: € 290 (Sonderpreise für Studierende möglich).
- Am 10. und 24. Oktober erklären Katharina Mau und Leonie Sontheimer im Webseminar, wie du über den Weltklimagipfel in Dubai berichten und dabei das Globale mit dem Lokalen verknüpfen kannst. Teilnahmepauschale: € 60.
RESSOURCEN:
- Netzwerk-Mitgründerin Katharina Kropshofer spricht im Workshop der Reporterfabrik gemeinsam mit Laura Cwiertnia (ZEIT), Medienforscher Bernhard Pörksen und Kurt Stukenberg (SPIEGEL) in 6 Kapitel über besseren Klimajournalismus. Die Aufzeichnung fand bereits vor einem Jahr statt, reinschauen lohnt sich aber weiterhin.
- Wie sich Klima-Desinformation seit den 1970ern verändert hat, könnt ihr im Transkript des Webinars von Covering Climate Now nachlesen.
- Das Science Media Center hat ein Living Factsheet zur Antarktis im Klimawandel erstellt und warnt, dass sich das Meereis heuer deutlich langsamer bildet.
KONSTRUKTIVER KLIMAJOURNALISMUS:
- Die Klima-Journalistinnen Susanna Götze und Annika Joeres haben ein Buch über Wasserknappheit geschrieben. In “Durstiges Land – wie wir leben, wenn das Wasser knapp wird” beschreiben sie ein worst-case und ein best-case Szenario.
- “Über den Klimawandel darf man auch lachen – das bringt mehr als Untergangsstimmung” schreibt Alexandra Borchardt in ihrem Gastbeitrag für FOCUS und skizziert, wie Humor Klimajournalismus konstruktiver machen kann.
SCHON GESEHEN?
- Eine Daten-Recherche von CORRECTIV gemeinsam mit dem NDR, WDR und BR zeigt, wie gefährdet welche Region in Deutschland von Starkregen, Hitze und Dürre ist – und was die Landkreise dagegen unternehmen. Beispielsweise gibt es in weniger als zwei von zehn Landkreisen einen Hitzeschutzplan.
- In der Serie “Die beliebtesten Klima-Ausreden” sammelt die ZEIT ebendiese und entkräftet sie. Im Moment Magazin bringt Lukas Bayer alle zwei Wochen drei Argumente gegen Klima-Ausreden. Teil 1: ”Warum Österreich nicht zu klein ist, um das Klima zu retten”.
JOBS, STIPENDIEN UND PREISE:
- Bis 15. August könnt ihr euch beim Environmental Reporting Collective (ERC) für Stipendien bewerben und mit einem internationalen Team über Umweltkriminalität berichten.
- Bis 30. September könnt ihr euch für ein Projektstipendium Journalismus (je 1.500 Euro für drei Monate) bei Literar Mechana bewerben.
- Die t-online Redaktion sucht eine/n Redakteur:in für den Bereich Klima/Nachhaltigkeit (Berlin, Vollzeit, ab 1. Oktober).
AUS DEM NETZWERK:
- Ist Kleinwasserkraft ein Klimasegen oder Umweltfluch? Katrin Fischer und Anna Stockhammer haben während unserer Summerschool mit fjum in Hallstatt recherchiert.
Kommt gut durch den Sommer!
Naz
Zahl des Monats: 9 Prozent
… aller Klima-Studien von 2020 wurden in den Medien aufgegriffen. Das zeigt eine Studie unter Marie-Elodie Perga, Professorin für Geowissenschaften an der Universität Lausanne, die im Treibhauspost-Newsletter aufgegriffen wurde. Untersucht wurden mehr als 50.000 Klimastudien aus 2020 – die wichtigsten Ergebnisse:
- Zwei Prozent erhielten umfangreiche Berichterstattung (zehn oder mehr Erwähnungen).
- 38 Prozent der medialen Berichterstattung über Klimaforschung konzentrierte sich auf nur hundert Studien.
- Medien orientierten sich bei ihrer Auswahl stark am wissenschaftlichen Ruf einer Fachzeitschrift.
- Die Berichterstattung fokussierte sich vor allem auf Natur- und Gesundheitswissenschaften. Andere Disziplinen wie Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften waren deutlich unterrepräsentiert.
Die Autor:innen schlagen deshalb vor, dass sich Medien als Teil der Lösung sehen sollten, anstatt Klimaforschung lediglich als naturwissenschaftliche Überbringerin von Untergangsszenarien darzustellen. “Sie müssten aufzeigen, dass die Klimakrise nicht einfach nur ein „Umweltproblem“ ist, und dass die Lösungen in Gesellschaft, Wirtschaft, Recht und Technologien liegen”, schreibt die Treibhauspost. Dafür sollten Medien ausgewogener berichten, stärker auf Sozial- und Humanwissenschaften zurückgreifen und das Globale aufs Lokale herunterbrechen.