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Neues vom Netzwerk

Juli im Netzwerk Klimajournalismus: neues Format, mehr Klimaberichterstattung in Frankreich und Flugschwärmerei

Liebe Alle,

vor zwei Tagen haben wir ein neues Format gelauncht: das 5vor12 Klima-Briefing. Schon jetzt haben sich über 100 Journalist*innen angemeldet.

Jeden zweiten Mittwoch zur Mittagszeit, von 11.55 – 13.00 Uhr, geben renommierte Fachleute Einblicke in ihre Forschung. Wir spannen den Bogen von Kipppunkten im Klimasystem über Wetterextreme hin zur Rolle von sozialen Kipppunkten für die notwendigen Transformationen. Nach einer Portion Wissenschaft könnt ihr selbst Fragen stellen – oder weiter euer Mittagessen genießen. Los geht’s am 30. August mit Stefan Rahmstorf über Kipppunkte, und wie ihr sie richtig einordnen könnt. Ich werde die ersten sechs Klima-Briefings gemeinsam mit Theresa Leisgang moderieren.

Warum wir das machen? Die Klimakrise ist komplex, sie betrifft schon heute jeden Lebensbereich, jedes Ressort, jede Recherche. Doch oft fehlt im Tagesgeschäft die Zeit, sich mit den Hintergründen zu befassen. Dem möchten wir mit dem 5vor12 Klima-Briefing entgegenwirken. Unser Angebot gemeinsam mit dem Netzwerk Klimajournalismus Deutschland ist kostenlos und richtet sich an alle Journalist*innen, Medienschaffende und Personen in journalistischer Ausbildung.

Flyer 5vor12 Klima-Briefing in den Farben blau und grün. Hier geht's zur Anmeldung: https://tally.so/r/mOlyM7

Unser letztes Treffen: Stammtisch mit Marc Elsberg

Am 27. Juni war Marc Elsberg beim Stammtisch zu Gast. Der Autor hat mit “Celsius” einen Klima-Bestseller geschrieben, in dem er fragt: “Wenn Sie das Klima beeinflussen könnten, wen würden Sie vor der Erderwärmung retten? Ihre Heimat? Grönland? Afrika?”

Seine Kernpunkte (zitierbar):

  • “Ich finde es eigenartig, wenn so große Themen (wie die Klimakrise) nicht stattfinden. Ein Teil der Literatur und besonders das Genre, in dem ich arbeite [Science Fiction, Anm.], steckt in einem 50er Jahre Märchen.”
  • “Es ist wichtig, die Klimakrise mitzuerzählen – als Nebensatz. Das sollte zu einer Selbstverständlichkeit werden, obwohl die Hauptgeschichte vielleicht dann eine Liebesgeschichte zwischen zwei Jugendlichen ist.”
  • “Anders als bei ‘Celsius’ ist die Aufgabe des Journalismus zu berichten: Darüber, was derzeit passiert und mögliche Szenarien aufzuzeigen, wie es weitergeht. Im Wesentlichen die Sensibilisierung und Awareness zu schaffen, wie dramatisch die Situation inzwischen ist.”

TOP

  • Mehr Klimaberichterstattung in Frankreich

Gleich zwei Neuigkeiten kamen im Juni aus Frankreich: Erstens, die französische Tageszeitung “Le Monde”, die in ihrem Projekt “Adaption” mit rund 70 Journalist:innen die Baustellen Frankreichs in Sachen Klimamaßnahmen untersucht. In elf Kapiteln erzählen Reportagen aus den unterschiedlichsten Ecken des Landes, welche Herausforderungen bevorstehen: bröckelnde Ökosysteme in Wald und Bergen, Invasionen von Schädlingen in der Landwirtschaft sowie unzählige Existenzen, die auf dem Spiel stehen. Die Geschichten, Analysen, Infografiken, Videos und vieles mehr veröffentlicht Le Monde zwischen 11. Juni und 16. Juli online und im Print. Letzteres nutzen sie auch als Diskussionsplattform mit Expert:innen und Journalist:innen, live wird “Adaption” im September beim Festival du Monde eine Bühne finden.

Zweitens, hat sich France Télévisions im März 2023 entschieden, die Wetterberichte der öffentlich-rechtlichen Sender France 2 und France 3 um Informationen über den Klimawandel zu ergänzen. Dafür ist auch zusätzliche Sendezeit vorgesehen. Online werden Infografiken veröffentlicht, in denen das Tageswetter mit historischen Temperaturen verglichen wird. Zudem gibt es ein Forum für Publikumsfragen.

Mitverantwortlich dürfte die französische Klimacharta sein, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde. Mittlerweile haben diese mehr als 1.500 Journalist:innen und zig Medienhäuser unterzeichnet.

  • Klima-Magazin Falter

Erstmals in seiner 46-jährigen Geschichte hat die Wochenzeitung Falter ein eigenes Klima-Magazin herausgebracht. Unter der Leitung von Naturressort-Leiter Benedikt Narodoslawsky war die Idee, nicht “über den Untergang der Welt zu jammern und die Leserschaft zu belehren – sondern jene Menschen, Ideen und Bücher vorzustellen, die diese Welt klimatechnisch besser machen”. Das ist ihnen definitiv gelungen. 

FLOP

  • Kronen Zeitung schwärmt über Greenwashing der Austrian Airlines

Dass Ölkonzerne, die Flugbranche oder die Autoindustrie ihre Geschäfte und Klimastrategien in Medien bewerben, ist nichts Neues. Auch wenn so manches Inserat mehr nach Greenwashing aussieht. Besonders problematisch wird es aber dann, wenn wie in der Kronen Zeitung auf einer Doppelseite über die Klima-Bemühungen der Austrian Airlines (AUA) – ehemals staatliche Luftlinie und jetzt im Besitz der Lufthansa Group –, geschwärmt wird.

Sebastian Panny hat den Beitrag im Moment Magazin gegengelesen und schreibt über den Artikel: “Dabei ordnen sie jedoch keine Fakten ein, sondern wiederholen die PR-Sprüche des Unternehmens.”

Und sonst so? – Aktuelle Fakten, Events und Initiativen

TERMINE:

  • Am 06. Juli (17.00 – 18.20 Uhr, online) findet der monatliche Call beim Netzwerk Klimajournalismus Deutschland statt. Sara Schurmann wird über konstruktiven Klimajournalismus sprechen, danach ist Zeit für Austausch.
  • Am 13. Juli (13.00 Uhr, online) stellt Neurowissenschaftler Kris de Meyer drei neue Klima-Indikatoren vor, die den Klimajournalismus verständlicher machen sollen.
  • Am 13. Juli (17.00 Uhr, online) veranstaltet Covering Climate Now ein Webinar zu Klima-Desinformation und wie ihr damit besser umgehen könnt.
  • Am 13. Juli (Kirchdorf a. d. Krems) veranstalten das Klimabündnis und das Freie Radio B138 einen Workshop über Klimakommunikation.
  • Auch am 13. Juli (Frankfurt oder Livestream) wird der K3-Preis für Klimakommunikation vergeben. Nominiert sind zahlreiche tolle Projekte, darunter auch wir.
  • Am 17. Juli (1010 Wien oder Livestream) moderiert Netzwerk-Mitglied Alicia Prager die Eröffnung der AEMS Sommeruni zum Thema “A Good Life Within the Planetary Boundaries”.

RESSOURCEN:

KONSTRUKTIVER KLIMAJOURNALISMUS:

  • Was hinter der Idee einer bedingungslosen Grundversorgung steckt, hat die freie Journalistin Katharina Mau für Krautreporter recherchiert.
  • Wie man einen Fluss rettet, hat Enno Schöningh für die taz in Bosnien recherchiert. Dort hilft die österreichische NGO Riverwatch den Bewohner:innen mit ihrer Forschung, den Fluss Neretva zu schützen – eines der letzten Naturparadiese Europas.

SCHON GESEHEN?

  • Die Sozialwissenschaftlerin und Journalistin Monika Halkort kuratiert im Kreisky Forum eine Gesprächsreihe zu “Krieg und Klima”.
  • Seit 15. Juni läuft auf Ö1 die 12-teilige Gesprächsreihe “Heißzeit: Die Transformation des Sommers” über die Entzauberung des österreichischen Sommers durch den Klimawandel.
  • Kaum mehr wird der menschengemachte Klimawandel in den Medien geleugnet. Stattdessen wird eher die Dringlichkeit heruntergespielt und Maßnahmen werden angezweifelt, schreibt Reinhard Kleindl im Standard.
  • Mit “Klima Berni” hat die Tageszeitung Kurier seit neuestem einen zweiwöchig erscheinenden Klima-Podcast.

JOBS, STIPENDIEN UND PREISE:

AUS DEM NETZWERK

  • Netzwerk-Mitgründerin Katharina Kropshofer erklärt im oekostrom-Podcast, warum das Klima einen eigenen Journalismus braucht.
  • 12 junge Journalist:innen haben vier Tage lang bei unserer Summerschool in Hallstatt recherchiert. Ihre Beiträge könnt ihr bald lesen.

Kommt gut durch den Sommer!

Lukas Bayer
unterstützt von Katharina, Mona und Naz


Zahl des Monats: 10 Millionen

… so viele Menschen mit Behinderungen leben in Deutschland und Österreich – doch im Katastrophenschutz werden sie meist übersehen. Ein neuer Film des inklusiven Mediums andererseits, in dem Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam Journalismus machen, möchte dem entgegenwirken. Die Dokumentation folgt den Ereignissen in der deutschen Stadt Sinzig an der Ahr, wo im Juli 2021 zwölf Menschen mit Behinderungen in der Flut gestorben sind. Wer trägt die Verantwortung für diese Katastrophe? Und was braucht es, damit Menschen mit Behinderungen sicher sind?

Artin Madjidi und Netzwerk-Mitgründerin Clara Porák moderieren gemeinsam durch die Doku. Regie führte Katharina Brunner. “Einen Film inklusiv zu gestalten, ist in der Filmproduktion schon an sich revolutionär”, sagt sie. Eine Revolution, die überfällig ist. Denn wie die Klimakrise ist auch Inklusion eine Dimension, die in jedem Ressort und jedem Beitrag mitgedacht werden muss.

Die Doku findet ihr ab 11. Juli online bei andererseits.

Vorschaubild der Dokumentation von andererseits. Titel: "Rette sich, wer kann. Wie der Katastrophenschutz für Menschen mit Behinderungen versagt. Ein Flim von andererseits." Auf dem Bild sitzen drei Menschen, davon zwei mit Behinderungen, an einem Fluss. Sie sind von kniehohem Gras und einem Bau umgeben.